Liebe verwandte und befreundete Mitmenschen,
diese ZeltZeitSeite möchte ich ca. ein Mal pro Woche aktualisieren.
Kommentare, Fragen, Tipps und dergleichen zur ZeltZeit und zu dieser Seite sind - per Signal oder E-Mail - immer erwünscht und hoch willkommen.
Euer Vincent
Die Website ZeltZeit 2025 besteht aus 3 Teilen:
Erster Teil: Mai bis Juni: Start in Mähringen, Münsterland, Ossenbeck, Zeit mit Johannes, Antje und den Enkelkindern in und um Tübingen, Schlei und Ostsee, Grünheide bei Berlin
Zweiter Teil: Juli bis Mitte August, Potsdam, Dienitzer Schleuse (Mecklenburg), Rheinsberg (Brandenburg), Lehrte, Südfahrt und Rottenburg
Dritter Teil: Mitte August bis 30.09., Schorndorf, Murrhardt, Nordfahrt, Eisenach, Heckenbeck, Ärö, Uchte, Ossenbeck, Lauenburg, Ellbogensee, Mähringen
ZeltZeit 2025, dritter Teil
Winterwohnung, Mähringen, Donnerstag, 02.10.2025
10 Tage: Dienstag, 23.09.2025 bis Donnerstag, 02.10.2025, Ellbogensee (2), Eisenach, Mähringen
Zurück in Mähringen, in der Winterwohnung.
Der SonnenHerbst ist nun auch im Süden eingezogen, auch hier können wir in der Sonne den zweiten Morgenkaffee, Morgentee genießen, nun nicht mehr auf der Waldwiese neben dem Zelt, sondern auf dem Achterdeck neben der Wohnung, die wie ein Zelt ist.
Wenn ich nachts aufwache, muss ich mir erstmal gewahr werden: unter meinen Füßen kein Gras, sondern der Holzfußboden, der Platz zum Wasserlassen nicht der nächste Busch (mit ausdrücklicher Erlaubnis der Campingleitung, weil das Klo 400 m weit weg war), sondern hinter der Tür und die Ecke.
Dagmar und ich haben die Abreise aus Mecklenburg in den letzten Tagen mehrmals verschoben, so wunderbar war das Wetter, so still der Wald rund ums Zelt und die Wiese hinter den Bäumen, so ruhig alles rundrum, so freundlich die Menschen, die wir dort trafen. Es verweilen hier, in der Nachsaison, unter der Woche, kaum noch 20 Personen - rund 400 sind es in der Hochsaison.
Aus der Idee, in vielen kurzen Etappen von Nord nach Süd zu reisen, wurde schließlich eine ZweitagesReise mit Übernachtungsstopp nahe bei Eisenach, auf dem bewährten und geschätzten Platz „Camping im Garten“.
Dass sich ein IKEA-Parklatz und ein IKEA-Restaurant bestens für eine Pause eignen, entdeckten wir zufällig kurz vor Würzburg - nun ein Geheimtipp. Dagmar kannte ihn schon.
Gegen Abend, am Montag, 30.09.. kamen wir in Mähringen an. Katze Emma und Kater Mimi begrüßten uns vor dem Haus, als ob sie wüssten, dass ich an diesem Abend und in nächsten Tagen der Füttermensch sein werde. Meine Gastgeber sind noch ein paar Tage unterwegs, so haben wir das Haus für uns und die Fütteraufgabe für Katz&Federvieh, sehr gut zum Ankommen.
Gestern und heute in aller Ruhe Auto-Ausräumen, ein paar Dinge in die Safebox bringen, andere von dort holen, v.a. den Bass. Küchenkram und Zelt für das Winterlager klarmachen. Das dauert seine Zeit und geht zu zweit sehr gut.
Wir waren, die Abreise von dort liegt nur schon 4 Tage zurück, 11 lange (sonnige) Tage und 11 lange (kalte) Abende und Nächte auf dem „Naturcamp am Ellbogensee” zwischen Wesenberg und Fürstenberg.
HerbstSonne im Norden, Regen im Süden
Darüber jetzt zu schreiben fällt mir sehr schwer, so weit weg fühlt sich das schon an.
Die Bilder werden helfen.
Die Texte dazu mach ich später, nach und nach. Wird sich wohl noch eine Weile hinziehen.
(So kam es. Schon eine Woche wieder in Mährungen, heute Abend, 08.10. ist der letzte endlich fertig geworden.)
Camp am Ellbogensee
Frühstücksplätze
Spätabends und nachts war es schon herbstlich kühl in dieser letzten ZeltZeitWoche, vor dem Zelt mit Mantel, Wolldecken und festen Schuhen und im Zelt mit guten Bettdecken jedoch sehr gut erträglich. Kurz nach 7 Uhr ging die Sonne auf, ihr Licht erreichte am frühen Tag zuerst unsere vorgelagerte Wiese und ließ den Morgennebel verschwinden.
Sie brauchte eine Weile (bis ca. 10:00 Uhr), bis sie so hoch stand, dass sie Baumwipfellücken finden und Sonnenfelder vor das Zelt legen konnte. Das waren dann unsere Frühstücksplätze.
Mit dem Lauf der Sonne wandern die Schattenstreifen und die Schattenflächen und die Sonnenfelder weiter, und wir ziehen während des ausgedehnten Frühstücks ein paar Mal um, wie einer Sonnenuhr folgend.
Platz rund um’s Zelt hatten wir mehr als genug, ein Park.
Herrlich, Windschutz durch die Büsche und Bäume und wärmende Sonne von oben. Ein Platz zum Bleiben.
Feuerplätze
Unser Nachbar, der Photograph, mit seinem Minizelt am Wiesenrand, kocht jeden Abend mit Holzfeuer über einem kleinen Feuerkorb, wir sehen das Feuerlicht zwischen den Bäumen. Die Platzordnung sieht vor, dass ausschließlich auf der Feuerstelle nahe der Rezeption offenes Feuer erlaubt ist. Eine höchst sinnvolle Vorschrift, denn dies ist die einzige Stelle auf diesem Campingplatzes, die nicht umwaldet ist, dort ist nach oben offene Wiese. An allen anderen Orten sind die Stellplätze für die Zelte, Wohnwagen und Bullis von Kiefern umgeben, auf dem Boden liegen trockene Kiefernnadeln. Feuer machen wäre viel zu gefährlich. Allerdings: Am Wiesenrand scheint es möglich zu sein und auch hinter unserem Zelt gibt es Flächen mit frischem Gras ohne Kiefernnadeln. Es sind ja nur noch sehr wenige Gäste hier, ein Nachahmeffekt ist nicht zu befürchten, wir könnten ja mal fragen.
Wir fragen Niklas.
Niklas, ein junger Mann kurz vor 30, betreut die Rezeption, freundlich, witzig, schlagfertig, immer zu kleinen Sprach-Ping-Pong-Spielchen aufgelegt, wir sehen ihn jeden Tag ein-zwei-mal, machmal bedient er auch in der Kaffee-Bar.
”Feuer am Waldrand zur Wiese hin? Ja, ok. Nehmt euch bitte eine Grillschale mit, da stehen welche vorm Haus. Und: Ich komm heute Abend dazu, wenn ihr nichts dagegen habt. Ich sitze gern am Feuer, hab’ aber keine Lust, mit der Schülergruppe am goßen Feuer zu hocken, ich red’ lieber mit euch, bringe auch ‚ne Flasche Wein mit.”
Wir haben nichts dagegen, im Gegenteil. 9 Uhr? o.k.
Brenngeeignetes Holz gibt es hier massenhaft, meine Japansäge kommt zum Einsatz, ebenso der Anhängerdeckel als Werkplatte. Ich lege einen Vorrat für einen Abend an, kurze Stücke, die gut in die Grillschale passen.
Unser Feuer brennt schon, drei Stühle stehen rund um die Schale, wunderbar. Oben drüber die Sterne.
Es knackt in der Dunkelheit, Niklas nähert sich, hat sich seinen eigenen Tief-Liege-Stuhl mit Fell mitgebracht.
Weng später fragt er direkt: „Wie ist denn eigentlich eure Beziehung? Wie steht ihr zueinander? Zuerst dachte ich: Ein älteres Paar, mindestens 30 Jahre verheiratet. Aber an der Kaffeebar hat Dagmar gefragt, Vincent, willst du Zucker oder Milch zum Kaffee? Eine Frau, die so etwas fragt, ist eher nicht schon ewig die Partnerin, sie müsste es doch wissen, Kaffee wie immer. Ihr müsst meine Frage nicht beantworten, wenn ihr nicht wollt, klar. Mich interessiert es eben.“
Wir wollen antworten. Es war fast schon ein bisschen zu erwarten, dass Niklas so direkt in Kontakt geht. Und: Wir haben ja schon oft unter uns diese Frage beantwortet, Wörter gesucht. Wörter für die „Binnensprache“ und auch Wörter für die „Außensprache“, falls mal jemand fragt oder falls Erklärungen gegenüber dritten passen, dran sind. Es hat uns noch niemand so direkt gefragt wie jetzt dieser Niklas. Interessiert, neugierig waren sicher schon viele. Nur haben sie es vermieden, so unverblümt ihr Interesse zu zeigen. Aus Respekt vor der persönlichen Sphäre des Gegenübers - klar, ein guter Vermeidungsgrund. Aus Angst vor dem Thema? Aus Besorgnis, dass das Thema „Alternativen zur monogamen Normalität“ auch den beunruhigen könnte, der fragt und damit das Thema eröffnet. Möglich.
Dagmar beginnt: „Wir sind ein Poly-Paar“. Niklas hört sehr interessiert zu, fragt detailliert nach. Findet es „mega“, wie wir das machen, hört auch von den Problemen und Schmerzen, die wir damit anderen und uns bereiten. Ja. Findet es vorbildlich und ermutigend, auch im Blick auf sein noch fern liegendes Alter.
Er selbst hat mit seiner Freundin „offene Beziehung“ vereinbart und sehr gelitten, als sie mal ‘ne Nacht bei einem anderen war. Sie experimentieren mit einem flexiblen Modell. Sie öffnen und schließen die Beziehung situativ. Zur Zeit ist sie geschlossen, also exklusiv, so lange, bis Niklas seine Masterarbeit („Vollstress“) fertig hat. Auch seine Freundin hat mal den Wunsch nach „schließen“ geäußert, und sie haben „geschlossen“.
Sie leben z.Z. in Berlin, in der Links-Öko- und Divers-Blase, er kennt viele Paare, die ganz unterschiedlich mit dem Thema „Poly“ umgehen. Sie sind Mitglieder eines Netzwerks von „family&friends“, in dem offen über solche Themen gesprochen wird.
Dass Leute es aus „Mode“ so machen oder weil es in der Blase irgendwie erwartet wird, kennt er auch, findet er nicht gut. Wenn poly, dann müsse es „ernsthaft“ zugehen, Teil der Persönlichkeiten und ihrer Entwicklungsaufgaben sein. Extrem viel und genaue Kommunikation auf Augenhöhe sei notwendig, über die jeweiligen Werte, Wünsche und Bedürfnisse, über Grenzen und Grenzüberschreitungen. Man müsse sich informieren, Podcasts dazu hörten, und: lernen. Ich bin verblüfft, sehr verblüfft, wie differenziert und kundig (erfahrungsbasiert) er mit dem Thema umgeht. Ob er auch Jessika Fern gelesen hätte? Hat er nicht. Klingt aber so. Na ja, die Podcasts und die (Gesprächs)-Erfahrungen.
Für Dagmar und mich war es eine wunderbare, bisher einzigartige Gelegenheit, uns selbst und uns gegenseitig zuzuhören, wie wir uns erklären. Es hat sich gelohnt, so lange daran zu arbeiten.
Und es bestätigt sich hier, was wir gelesen und in den einschlägigen Podcasts gehört haben: keine dieser „offenen Beziehungen“ ist wie die andere, jede Variante ist höchst individuell mit je eigenen Besonderheiten, Stärken und Schwächen. Was ja bei Licht besehen auch für Mono-Paare gilt. Grobe Raster und schnelle Schlussfolgerungen und Urteile sind offensichtlich hier wie dort unangemessen.
Auch an den folgenden Abenden haben wir Feuer in der Schale angezündet, zuletzt über dem Grasstück nahe am Zelt. Es hat Wärme geschenkt, mit jedem Abend wurde es kälter. Zur Nacht, vor Sonnenaufgang, hatten wir dann gegen 5 Grad rund ums Zelt. Das geht gerade noch.
Niklas kam noch ein zweites Mal, diesmal direkt von einem Wochenende in Berlin, deutlich gedopt mit Alk und Kiff, in Plapperstimmung und für mich etwas nervig, was mir aber die Bedeutung des ersten Abends nicht minderte.
Brauche ich seine Begeisterung zur Bestätigung meiner Gehversuche? Die Zustimmung eines bekifften Jungspunts aus Berlin? Nein. Was ich brauche und was mich freut, sind Menschen, die so direkt und offen und mutig fragen wie er (und Schwester und Schwager auf Ärö).
”Tak for nu” - “Danke für das Jetzt”.
Er wird nächstes Jahr 30, mag Kinder sehr …
Er studiert übrigens Wirtschaftswissenschaften, unpolitisch, partylastig begonnen in der Absicht, schnell reich zu werden, nun, in späteren (ziemlich späteren) Semestern mit dem Schwerpunkt “alternative Ökonomie”.
Kurz vor unserer Abreise sahen wir ihn auf seinem Spezialstuhl an der Badestelle in der Sonne sitzen, zwei GästeKinder nah an seiner Seite. Haben wohl was Wichtiges, was Witziges zu besprechen.
Sein Job hier endet mit dem Ende der Saison. Der Platz wird am 05.10. geschlossen, auch die Dauercamper müssen dann nach Hause, Das gilt auch für das Ehepaar aus der Gegend von Dresden. ”Wir sind das 51. Jahr hier. Unser neuester Wohnwagen ist “made in Sachsen”, unser kleines Motorboot stammt noch auch DDR-Produktion, unverwüstlich, wie der 18 Jahre alte Susiki-Außenborder.” Sie haben Wohnwagen, Vorzeit und Boot schon winter- bzw. reisefertig gemacht. Im Frühjahr kommen sie wieder hierher, treffen die wenigen noch verbliebenen Freunde aus der alten Zeit, wie die Nachbarin von gegenüber, eine über 90-jährige Witwe, die auch ohne ihren Mann dem Platz und den Freunden treu bleibt, solange es irgendwie geht. Man hilft sich gegenseitig, dann geht es.
Nur die Handwerker werden bleiben, es entsteht ein neues, ein zweites großes Sanitärgebäude ...
Schwimmen im natürlichen Klarwasser
Nicht jeder der mecklenburg-brandenburgischen Seen ist ein Klarwassersee.
Schwimmen im Klarwasser, welche Freude.
Habe es selten erleben dürfen, oft war das Schwimmwasser annähernd klar, wie auf den Violettafahrten weiter nördlich in dänischen Gewässern, oder vor langer Zeit an der türkischen Küste, oder vor noch längerer Zeit in Finnland.
Wir haben hier Klarwasser gesucht und auch gefunden.
Nähe Biberhof:
Kleiner Peetschsee (Haussee) - direkt an der Wasserstraße und der Schleuse, nicht klar, die Schrauben der Motorboote wirbeln Schlamm auf.
Labussee (auf der Ostseite das Biber-Platzes) - nicht probiert, war einer Jugendgruppe zugeordnet von dieser bevölkert
Giesenschlagsee - sehr klar. In der Nähe eine kleine, wenig befahrene Straße, zu Fuß vom Biberplatz eine knappe halbe Stunde , sehr windgeschützt, daher ruhige Oberfläche - er wurde zum Referenz-Badesee. Wir haben ihn mehrmals aufgesucht, trafen an der kleinen Badestelle nie mehr als 3-4 andere Schwimmer/innen.
Bikowsee - lehmig gelb-braun angetrübt, aber sonst sehr gute Wasserqualität, Sichttiefe bis zu den Knien, direkt am Platz gelegen, lockte immer, sehr schön war’s auch an einer anderen abgelegene Stelle, die wir mit dem Kanadier ansteuerten.
Ellbogensee - nicht probiert, belebte Badestelle
Großer BoberowSee, 20 Minuten zu Fuss vom EllbogenSeePlatz entfernt -
Hier trafen wir auch unseren Photografen.
Schwäne gehören, wie Biber, zu den lebenslang monogamen Erd-MitbewohnerInnen. Dagmar sah hier noch einen dritten, graueren, offensichtlich zum Nachwuchs gehörig.
- wunderschön, kristallklar und wie fast alle Seen hier von Wald und Schilfgürtel umgeben, an der kleinen Badestelle außer uns noch 2 Personen, beim 2. Mal niemand. Still, Still.
Schöner als der ReferenzSee?
(Wir hörten, dass in der Hochsaison jungen Gäste-Gruppen, die nachts Party machen wollen und auf dem Campingplatz deswegen Ärger kriegen, dieser Platz als Ausweichplatz empfohlen wird.)
Der Stechlinsee, der Stechlinsee
Wochenlang im Fontiland - und nun endlich auch am Stechlinsee.
Das erste Mal zu Fuß vom Zeltplatz aus, eine kleine Wanderung von 1,5 Stunden durch den Wald.
Wir haben den Einstieg in den Weg am Ufer entlang verpasst und näherten uns dem See von der nord-östlich gelegenen Anhöhe aus, von der wir ihn von Zeit zu Zeit durch die Baumlücken hindurchschimmern sahen.
So erreichten wir das „Nordufer“ mit seinem langgestreckten Sandstrand (eine Seltenheit in der Seenplatte). Es war ein Wochentag in der Nachsaison, sehr wenige Gäste außer uns dort, darunter ein tapferes Schwimmpaar in unserem Alter. Uns war nicht nach Schwimmen zu Mute, weil ein langer kalter Abend am Zelt folgen würde und der Stechlinsee als besonders kühl gilt. Der Blick über den See von einer Bank in der Sonne aus war uns WasserFreude genug.
Auf dem Rückweg nahmen wir den Weg unmittelbar am Ufer entlang, links der See, rechts der bewaldete Steilhang. Wir kamen an vielen weiteren kleinen Badestellen vorbei, nur an einer hatte sich ein Radfahrer zur Pause in die Sonne gelegt. In der Hochsaison sind alle diese Badestellen wohl dicht bevölkert. Irgendwo müssen die vielen Menschen ja hin, die ihre Autos auf den Parkplätzen abstellen, denn viele von ihnen kommen, weil sie hier baden, schwimmen möchten. Besonders schöne Orte ziehen eben besonders viele Menschen an.
Der Stechlinsee ist an diesem Nordufer deutlich zugänglicher als alle andere Seen, die wir gesehen haben.
Mit dem zweiten Besuch des Stechlinsees wollten wir auch einen Eindruck von dem Ort Neuglobsow bekommen, dem einzigen in Seenähe gelegenen Ort, durch einen Waldstreifen vom See getrennt. Wir fuhren mit dem Auto dorthin, eine wenige Kilometer kurze Strecke von Fürstenberg aus. Was uns schon weit vor dem Ziel eine Ahnung verschaffte, was für ein Massenbetrieb hier wohl im Sommer herrschen würde: Das „Parkleitsystem Stechlinsee“ - mehrere gestaffelt hintereinander liegende große Parkplätze, darunter auch einige für Reisebusse ausgewiesene. Im Ort breite Wege, ein großes Besucherzentrum, mehrere Lokale, viele Ferienwohnungen, und an jeder Ecke „Fontane“.
Fontane-Marketing. Doch auch ohne den „Fonti-Zauber“ wäre dieser See ein attraktives Ziel: Er ist der größte (4 qkm) und der tiefste (80 m) Klarwassersee Brandenburgs, ein Eldorado für Sporttaucher und ein Forschungsobjekt. Aktuell wird erforscht, warum der See von Jahr zu Jahr weniger klar wird. An seinem westliche Ufer hinter den Bäumen verborgen ein stillgelegtes Atomkraftwerk.
Außer uns auch heute nur wenige Gäste, die Parkflächen leer. Nachsaison. Stille.
Wir fanden einen Platz, zwei Bierkisten mit einem Holzbrett drüber, auf dem Bootssteg für die Mietboote und blieben dort bis zum Sonnenuntergang.
Einige Anglerboote waren noch draußen, kehrten mit der Dämmerung zum Steg zurück. „Habt ihr was gefangen?“ „Nein, aber es war ein wunderbarer Tag heute auf dem See“.
Der See ist für motorgetriebende Boote verboten und es dürfen hier nur die Ruder- und Segelboote bewegt werden, die zum See gehören. Anfahrt mit eigenem Boot auf dem Trailer - nein.
ganz links der Platz, an dem wir am Vortag waren. An dem Masten rechts erkennt man die Segeljollen.
Die Segeljollen, 3-4 sahen solide aus, höchst verlockend. Wir hätten, wie wir zu spät und überraschend bemerkten, noch eines mieten können, am späten Nachmittag für eine Stunde - und - wozu? Es war schön genug auf diesem Steg.
Letzte Tage am Ellbogensee
Gemeinschaftsraum
Wenn man das Gelände des EllbogenCamps betritt, fällt sofort ein besonderer Raum auf. Es heißt Gemeinschaftsraum, ist jeder und jedem frei zugänglich, wenn man sich den Schlüssel an der Rezeption geben lässt. Er wirkt innen eher wie ein Meditationsraum, wird aber auch von Jugendgruppen für Besprechungen und Spiele genutzt, wohl auch als Aufenthaltsraum bei sehr schlechtem Wetter. Speisen sind dort nicht erlaubt, man muss sich die Schuhe vor dem Betreten ausziehen. Flache Sitzgelegenheiten, Teppiche, Decken, Kissen laden zum Verweilen ein. Auch ein Klavier ist vorhanden, gut gestimmt und wohlklingend.
An einem Wochenende während unserer Zeit hier, fand das Herbstfest statt, gut besucht, viele Ellbogen-Fans sind extra angereist.
Wir hatten Niklas auf seine Einladung hin zwar abgekündigt, dass wir „sehr wahrscheinlich“ beim gemeinsamen Gemüse-Schnippeln und -Essen mitmachen würden, haben es dann aber lieber gelassen und uns von den vielen jungen Familien ferngehalten, in unserem stillen Winkel ganz am anderen Ende des Platzes
Sauna, Yoga, Tanzen, Lagerfeuer, Schnitzen, Pilzwandernung, zusammen Kochen am Feuer, Tombola …
Elisabeth, eine Frau mittleren Alters, die mit Mann und Kindern von Berlin in das nahegelegene Wesenberg gezogen ist, bietet hier Yogakurse und Tanz an. Und auch Thai-Massage.
Als wir zum zweiten Mal in der Rezeption auftauchten, um unseren Aufenthalt abermals um einen weiteren Tag zu verlängern, sprach sie uns an. “So eine Massage könnte doch eine Art schöner Abschluss für euch sein.” Also ja. Warum nicht?
Wellnessmassagen mit spirituellem Touch sind mir nahezu unbekannt, angeboten werden sie ja überall. Und das hier war eine sehr schöne Erfahrung, tatsächlich so etwas wie ein meditativ angehauchtes Sommer-Abschluss-Ritual. Hat mir sehr gut getan, Dagmar auch.
Gute Idee, Elisabeth, guter Vorschlag, und hast es es sehr schön gemacht. Danke. Tak for nu.
… und das ist das Rezeptionsgebäude, mit einem kleinem Laden und einem Café:
Wir waren täglich dort, oft auch auf einen Kaffee mit sehr leckerem selbstgebackenden Kuchen.
So auch am letzten Tag um die Mittagszeit, kurz vor unserer Abreise, zum Abschied - auf der Terrasse …
… mit Blick auf den Ellbogensee:
So zeigte sich der See von der Terrasse aus am letzten Tag frühmorgens um halb acht, eine halbe Stunde vor Brötchen-Abhol-Zeit.
Naturcamp Ellbogensee/Havel bei Fürstenberg, Dienstag, 23.09.2025
9 Tage: Sonntag, 14,09,2025. bis Montag, 22.09.2025, Ossenbeck und Ellbogensee (1)
Schon wieder ein Glückstreffer, dieser Platz am Ellbogensee, direkt an der Landesgrenze zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gelegen, zwischen Wesenburg (MeckPom) und Fürstenberg (Brandenburg) am Oberlauf der Havel gelegen, die von hier aus in weiten Schleifen Richtung Potsdam fließt und dabei Seen durchquert wie diesen hier, den Ellbogensee.
Dagmar und ich haben diesmal tatsächlich versucht, unsere Richtungs- und Ortentscheidung an den Wettervorhersagen zu orientieren. Es sah so aus, als würde das Wetter im Norden günstiger werden als im Süden. Auch Zingst an der mecklenburgischen Ostseeküste haben wir in Erwägung gezogen und dann wieder verworfen, weil wir einen möglichst ruhigen und möglichst wenig herausfordernden Ort suchten, einen Ruheort für die letzten beiden Wochen der ZeltZeit.
Und genau das wird uns nun hier geschenkt, ein sehr schöner und sehr ruhiger Platz für uns und das Zelt.
Es ist nun herbstlich kühl geworden, noch sitze ich zum Schreiben unter dem Tarp vor dem Zelt, könnte auch im Zelt sitzen, würde es bei mehr Wind oder bei Regen auch machen. Draußen, auf unserem von hohen Kiefern umstandenen Platz, gefällt es mir im Moment noch besser.
Am Sonntag gegen Mittag bin ich von Uchte aus die wenigen Kilometer nach Ossenbeck (Diepholz) gefahren und traf dort Dagmar. Martin war nicht zu Hause, er war auf Besuch bei seiner Schwester, wohl auch, nicht nur deshalb, weil er es für diesen Tag vorgezogen hat, mich nicht zu treffen. Und das Chorprogramm des Diepholzer Kammerchores hatte er am Freitag in Sulingen bereits hören können.
Dagmar und ich fuhren am Sonntagnachmittag in das benachbarte Städtchen Quakenbrück, wo die letzte der drei Aufführungen an diesem Konzertwochenende stattfinden sollte.
Ein gelungenes Konzert, zufriedene Besucher, zufriedene Chormitglieder, zufriedener Chorleiter.
Entspannte Stimmung beim Griechen, beim Abschlussessen, zu dem Dagmar mich mit angemeldet hatte, nicht ohne es vorher mit Martin, ihrem Ehemann, abzusprechen, denn die Chormitglieder kennen Martin gut. Wer ist der Mann neben Dagmar? Sie sagt: „Ein guter Freund von mir, ein Freund von uns.“ Genauere Beschreibungen wären in dieser Runde unpassend gewesen, und einige vertrautere Chorfreundinnen kennen auch ihre andere Sprechweise: „Das ist mein anderer Mann.“
Vor etwa einem Jahr habe ich schon einmal ein Konzert des Kammerchors miterlebt, ich saß neben Martin unter den Zuhörern, anschließend sind wir zu viert (mit ihrem jüngsten Sohn) essen gegangen, wir waren auch zu dritt im Kino und zu dritt bei einem Musikfest bei ihren Freunden. Dagmars Lebens-und Lebensweise ist also in ihrem Umfeld kein Geheimnis mehr und sehr wahrscheinlich auch Gesprächsthema. Und doch fehlt ihr und Martin und damit auch mir immer noch ein gutes Wort, eine gute Bezeichnung für die Beziehung, in der Dagmar zu mir steht. Eine Bezeichnung die sowohl für Binnenkommunikation (Martin-Dagmar), als auch für die Außenkommunikation in ihrem sozialen Umfeld geeignet ist. „Ich bin eine Freundin von Vincent“, „Ich liebe Martin und auch Vincent“, … möglich, aber noch nicht wirklich gut. „Das ist Vincent, zu ihm steht ich in einer vertrauten Beziehung, für die noch kein allgemein gebräuchliches Wort gibt, weil die mononormative Mehrheit eine solche Beziehung gar nicht kennt.“ So eine offene Beschreibung scheint mir und uns sehr zutreffend, ist jedoch umständlich. Sprachlich sind mehrfach Liebende noch wie ausgegrenzt, nicht vorhanden. Unter Gleichgesinnten wäre „mein anderer Mann“, „Ich liebe Martin und Vincent, ich bin das Scharnier“ völlig unproblematisch und würde auch sofort verstanden werden.
Hier am Ellbogensee nehmen wir uns viel Zeit für dieses Suchen und Erspüren von Wörtern für die Art, wie wir leben und lieben, hier wie dort. “Dagmar, meine andere Partnerin”. Auch noch nicht gut genug.
Montag war noch ein Ossenbeck-Tag, „Runterfahren“ aus dem Konzert-Modus für Dagmar. Dienstag ging es dann, mit einer Zwischenstation zum Übernachten am Elbe-Lübeck-Kanal bei Lauenburg, hinein ins Mecklenburgische.
Nachsaison auf allen Campingplätzen, wenig los, viele schließen zum 01.10.
Wir haben Glück mit dem Wetter, Samstag und Sonntag noch mal richtig sommerlich mit einem sehr warmen Spätabend, den wir vor dem Zelt sitzend richtig „gefeiert“ haben.
Dieses Wochenende haben auch einige Berliner Familien mit kleinen Kindern genutzt: Noch einmal raus in die Natur.
Auch eine Gruppe Jugendlicher ist auf dem Platz, eine Klassenfahrt.
Von diesem Wochenendleben rund um die Badestelle bekommen wir hier, am äußersten Rand des Platzes, fast nichts mit.
Zum Schwimmen gehen wir eine Viertelstunde in das dicht bewaldetet Naturschutzgebiet „Stechlin“ hinein, …
(Falls jemand fragt, wo es mir besser gefällt, in Mecklenburg oder in Brandenburg, würde ich sagen: Beides schön.)
… zum Kleinen Boberowsee. Wir finden dort eine verschwiegene Badestelle und wunderbar klares Wasser. SchwimmGlück.
am Ufer ein halbversunkener verlassener Kahn.
Heute, am Montag, ist alles still hier, sehr still.
Rezeption, Cafe und Bioladen sind heute ab 12:00 Uhr geschlossen, „Teamseminar“ mit 10 Mitarbeiter/innen, international, in der Hochsaison sind es doppelt so viele.
Bioladen: Es gibt hier die besten Campingplatz-Brötchen dieses ZeltZeitSommers und den besten Kaffee und sehr lecker Kuchen aus eigener Küche.
Von unserem Zelt ist es nicht weit zu unseren beiden Nachbarn zur Rechten und zur Linken. Kleine Gelegenheiten für ein Schwätzchen gibt es immer mal wieder.
Hier wohnt ein älterer Herr, etwas jünger als wir. Er ist Hobbyfotograph, ständig mit dem Fahrrad unterwegs. Er fotographiert digital, sein Sohn analog. Er war schon öfter her. Bleibt so lange, bis er keine Lust mehr hat auf die allmorgendliche Yogaübung „Der Bär erhebt sich von seinem Lager“.
Dort hinten wohnt ein älteres Ehepaar, mit dem Auto aus Hannover angereist, vielleicht etwas jünger als wir. Sie erkunden die Umgebung mit dem Rad und empfehlen uns dringend, den Stechlinsee zu besuchen. Vorgestern haben sie um 22:00 die Campingplatz-übliche Nachtruhe eingefordert, also bitte die Gitarre weglegen. Am Morgen hat er sich seltsamerweiser für seine Nachdrücklichkeit entschuldigt. Vergiss es einfach, sagte ich. Ich fand’s nachvollziehbar, denn er hat mir doch erzählt, dass ihre Nacht zuvor, auf einem anderen Platz, schlaflos war. Es dröhnte wohl Weekend-Techno-Rave-Musik zu ihnen herüber.
Wir werden noch ein paar Tage hier blieben und dann in gemütlichen Etappen Richtung Süden fahren. Nach Mähringen, zurück in die Winterwohnung.
Moorcamp bei Uchte, 13.09.2025
9 Tage: Donnerstag, 04.09. bis Samstag, 13.09.2025, Heckenbeck und Ommel auf der Insel Ärö (Dänemark)
Der Campingplatz „Moorcamp“ bei Uchte schien mir geeignet für einen Übergangstag und Übergangsort.
Heute, Samstag, 13.09. morgens, saßen wir (Änne und ich) noch zu einem kurzen Frühstück in Heckenbeck zusammen, ihr Neffe Lukas war auch dabei, er hat im Haus Katzendienst, denn seine Eltern sind im Urlaub.
Auf der Fahrt zurück von der Insel Ärö, entspannte Fahrt auf einer mäßig befahrenen A7, wechselten wir allmählich vom Insel- in den Festlandsmodus, schauten zurück auf die knapp 4 Wochen gemeinsamer Zeit, beide erstaunt und erfreut darüber, wie gut es ging, wie gut wir miteinander auskommen, auch wenn es von Zeit zu Zeit an der „heißen Grenz-, Trennungs- und Reibungslinie“, noch nachbrodelt, rumort, erdbebt, zischt und raucht. Und selbst in dieser Zone können wir uns aufhalten, es miteinander aushalten. Es fühlt sich für mich an, als würden wir auf einer weiten Landschaft stehen, mit einer Bruchlinie darin, eine Landschaft, die jedoch in der Fläche, in beiden Flächen, für jeden von uns und auch für beide eine sichere Standbasis ist.
Es war durchaus nicht selbstverständlich, dass nach meiner Teilnahme an den Geburtstagsfeierlichkeiten auch die gemeinsame Teilnahme am Familientreffen Gehrke und schliesslich der Besuch bei Hilda, meiner Schwester, und Gustav in Ommel gelingen würde.
Wir haben immerhin zwei Themen im Gepäck, haben sie bei uns, in uns. Und wir bringen sie auch den anderen Menschen, den Gastgebern besonders, spürbar mit und wir muten sie uns und ihnen zu, ob sie nun auf den Gesprächstisch kommen oder nicht.
Das eine Thema ist unsere Differenz und deutliche Distanzierung in Fragen der Lebens- und Liebensführung.
Das andere Thema ist unser Versuch, nach einer Trennung eine neue Art von Nah-Beziehung auf der Basis von „sehr guter Freundschaft“ wachsen zu lassen, zu erproben, zu pflegen. Das kann gelingen, kann auch nicht gelingen. Wir sind uns einig, dass wir darin auf einem gutem Weg sind.
Die Tage in Heckenbeck zähle ich zu meiner ZeltZeit, denn ich hatte meinen Schlafplatz im Auto nahe am Treff-Ort, mal kurz über die Strasse, der für mich genau richtig war. So hatte die Familie das Haus für sich, dazu noch eine Ferienwohnung bei Nachbarn gegenüber.
Ein Nachmittag und Abend zum Ankommen, ein weiterer Tag mit Grillen am Nachmittag, noch ein Tag mit einer kleinen Wanderung nach Gandersheim.
Blick auf Gandersheim
Altstadtfest am frühen Nachmittags, abends war der Bär los - ohne uns.
Blick auf Heckenbeck, 2025 Landessieger im Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
… und am Abend ebenso leckere Grillspeisen und am letzten Tag, am Sonntag, 07.09. ein Abschiedsfrühstück.
Die folgende Zeit, die Inselzeit, rechne ich nicht zur Zeltzeit, der Anhänger mit allem Equipment blieb in Heckenbeck, wir fuhren mit Minimal-Ausrüstung: Bettzeug und Kühlbox. Es geht über die Landesgrenze.
Auf der Hinfahrt sehr schöne Strecke durch die Lüneburger Heide über Lauenburg und Neumünster bis kurz vor Flensburg. Dort Ausruh- und Übernachtungsstop auf einem Campingplatz nahe der A 7.
Am Morgen dann über die Grenze und ostwärts an Sonderburg vorbei zur Fähre nach Fynshov/Alsen.
Herrliche Überfahrt mit der E-Fähre Ellen.
Und dann von Montag bis Freitag 4 Tage GastZeit, InselZeit in Ommel.
Umgeben von der phantastisch schönen und vielfältigen Insellandschaft.
Kann sich wie ein großer Klostergarten anfühlen, in dem sich der Besucher mit Stille und Schönheit beschenkt fühlen kann: Himmel-Wasser-Erde in immer sich wandelnden Farbspielen.
Dies nicht ohne auf dem Schirm zu haben, dass die Haus-und-Grund-Inbesitznahme durch viele Deutsche und die Anwesenheit vieler Deutscher (600 von 6000 Einwohnern) einiges an Herausforderungen mit sich bringt, für beide Seiten. Und dies auf einem historischen Untergrund, der hier für die Dänen mit Schmerz verbunden ist, für die Deutschen eher und hoffentlich mit Vergangenheitsscham und mit der Kunst, Anpassung und Bewahrung des Eigenen in eine respektvolle Balance zu bringen - Integration.
Diese Insel nur als Idylle zu konsumieren, wäre höchst fragwürdig und politischer Kitsch. Der Gesang von der Schönheit dieser Insel enthält auch den sound von Schmerz.
Zu Gast sein, zu Lande und zu Wasser.
… und unterwegs - Inselführung
Wir dankten ihnen gestern für die gemeinsame Zeit so: „Danke für den Gesamtklang - eure Zeit, eure Gastlichkeit, eure offene Sprache, den Raum für LebensHerbstGlück“.
Und wir nehmen eine dänische Redewendung mit nach Hause: „Tak för nu.“ - „Danke für den (gemeinsamen) Nu, den Augenblick.“
Inzwischen habe ich vom Moorcamp aus einen kleinen Spaziergang ins Moor gemacht, es gibt dort einen Aussichtssturm.
Ja, die Kraniche sind in diesem Jahr 4 Wochen früher zurück aus dem Norden, wie auch der Mais 4 Wochen früher reif geworden ist, der Dürre wegen. Ich konnte die Kraniche von weitem sehen und hören.
Nun kommt Gewitter auf.
Dieser Platz bietet einen Aufenthaltsraum, so wie man es in manchen dänischen Häfen finden kann. Es ist das Vereinsheim eines Campingclubs aus den 70er Jahren. Der Club verschwand mit seinen Mitgliedern. Der Platz ist geblieben.
Ab jetzt ist wieder ZeltZeit. Der Anhänger rollt wieder mit.
Eisenach-Hötzelsroda, Camping im Garten
8 Tage, Mittwoch, 26.08. bis Mittwoch, 03.09.2025: Waldsee bei Murrhardt und Hötzelsroda bei Eisenach
Dieser Platz ist mal wieder ein Treffer. Auf einer Anhöhe gelegen, unter freiem Himmel, ein schöner Ausgleich und Gegensatz zum Campingplatz „Waldsee“ in Fornsbach bei Murrhardt.
Letzten Montag bin ich hierher gefahren, auf der „Ostroute“ Richtung Norden, der, verglichen mit der Westroute, z.B. über Koblenz, besseren Wettervorhersagen wegen, als Zwischenhalt, bis es morgen weiter nach Heckenbeck (Bad Gandersheim) geht.
Die Besitzerin erzählte eben, dass auf diesem Grundstück mal ein Gartenanlagen-Betrieb „große Anlagen, keine Blumentöpfe“ seinen Standort hatte. Die Tochter habe sie überredet, einen Campinggarten draus zu machen, läuft offensichtlich prima.
Der Garten liegt am Rande eines kleinen Vororts nordöstlich und oberhalb von Eisenach, nahe dem rege bespielten Fussballplatz (nach dem lautstark kommentierten Kick klirren die Bierflaschen), die Bushaltestelle direkt bei der Einfahrt. Die Häuser hier, in der „Siedlung“, offensichtlich nach der Wende gebaut, geben in etwa so ein Erscheinungsbild, wie ich es aus dem „Westen“ kenne. Die Grundstücke größer als in Mähringen oder Jettenburg. Garage, Carport, Hüpfburg. Ziemlich hässliche Gartenzaunvarianten dazu, oft Steinbrocken in Metallgittern.
Es hat sich für mein Wohlbefinden als sehr wichtig erwiesen, dass mir ein Stellplatz gefällt, dass die Atmosphäre auf dem Platz angenehm ist und dass die Sanitäranlagen in gutem (hier vorzüglichem) Zustand sind.
Gleich nach meiner Ankunft hat sich ein junger Mit-Camper aus Bayern freundlich für meine Ausrüstung interessiert (festes Zelt im Anhänger). Er und seine Partnerin machen schon viele Jahre Urlaub im Zelt, denken nun über „Was Größeres, Bequemeres“ nach, was auch mit einem Kleinkind mal gehen könnte.
Es gibt hier keine Dauercamper.
Durchreisende mit Rad, Wohnmobil, Wohnwagen machen hier ein paar Tage Halt, schauen sich Eisenach an, die Wartburg, die Bach- und Lutherstätten. Und ziehen wieder weiter. Wie die beiden Paare aus Holland mit ihren beiden Wohnwagen nebenan. Und wie das E-Bike-Seniorenpaar, das eben gegenüber ihr kleines Zeltchen aufgebaut hat.
Was auch sehr zu meinem Wohlbefinden beiträgt, ist das neue Tarp, eine edle Plane, 3 auf 4 Meter, (leise, knattert nicht im Wind wie die „Baumarktplanen“), ich kann sie fix und höchst flexibel anpassen. Flach, wenn es regnet oder kälter wird, offen und luftig, wenn die Sonne scheint, immer Stehhöhe vorm Auto. Super für kürzere Aufenthalte wie dieser.
Ja, gute äußere „Wohnbedingungen“ helfen sehr, wenn es mal nervige Situationen gibt.
Als ich hier meine Personalausweisnummer auf dem Anmeldezettel einzutragen hatte, vermisste ich mein Portemonnaie.
Also: Auto durchsuchen, Taschen durchsuchen, einmal - zweimal - nichts.
Dann die Fahrt rekonstruieren. Ich hatte offensichtlich auf der Fahrt hierher mein Portemonnaie mit sämtlichen Ausweisen und Checkkarten neben der Kasse eines Rasthofs liegen gelassen.
Ich brauchte es nicht zum Bezahlen, sondern nur um eine von diesen Sanifair-Zetteln rauszuziehen, bezahlen mach ich immer mit dem smartphone, geht ja inzwischen fast überall.
Schön wär‘s gewesen, es sei eine Rastnähe in der Nähe, nein.
Die nächst-südlichere, ich meinte sie auf den Fotos sicher zu identifizieren, war telefonisch nicht erreichbar. Ein freundlicher Mensch in der Tanke daneben versprach mir, sich darum zu kümmern. War wohl schwierig, mehrere Nachfragen den Tag über. „Ich hab noch keine Info von nebenan.“
So fing ich schließlich am späten Nachmittag an, mich auf den worstcase einzustellen.
Anruf bei der Polizei in Eisenach „Alles nicht so schlimm, bei Führerscheinkontrollen können die Kollegen auch digital Ihren Führerschein einsehen. Nur ruhig, kommen Sie morgen früh um 9:00, Verlustanzeige machen, kann nicht schaden. Und sperren Sie ihre Kreditkarten.“
Kontokarten sperren? Erstmal noch nicht, erst dann, wenn ich weiß, ich damit nicht auch meine Smartphone-Zahlungsmöglichkeit kille.
Aber schon mal in Schorndorf checken, wie schnell sie Ersatzdokumente liefern können und wie. Bürgerbüro leider am Mittwoch geschlossen.
Auf Verdacht sofort 150 km zurückfahren zur Raststätte Riedener Wald? Eher nicht, lieber noch mal abwarten.
Oder war es vielleicht doch eine dritte Raststätte, nämlich die vor Rothenburg, „Ohrenbach“?
Da meldete sich am Abend niemand.
Immerhin fiel mir beim Einkaufen (in der Nähe des Gartens gibt es ein großes Einkaufszentrum) auf, dass der toom-Baumarkt auch Bargeld auszahlt, wenn man für mindestens 10 Euro einkauft. Na ja, ich brauch zwar nichts, aber werd‘ schon was finden. Eine Klemmlampe, die besser ist als die alte aus den 70er Jahren, an deren Birne man sich die Finger verbrennt. Ne neue zeitgemäße Glühbirne kostet aber nur 5,75 Euro.
Aber: ich hatte nun Bargeld, konnte also den Campingaufenthalt bezahlen und habe nun auch sonst Bargeld für alle Fälle. Schon mal gut.
Das war kein so’n schöner Tag.
Und doch erträglich, weil es mir ansonsten ja so gut ging hier. Sommerliches Wetter.
Heute morgen, kurz nach sieben, rufe ich in Ohrenbach an, keiner geht ran.
Aber es kam rasch ein Rückruf und: „Ja, Ihr Portemonai liegt bei uns im Safe“.
Änne, die ja auch nach Gandersheim fahren wird, wird es morgen dort in Empfang nehmen.
Ich nenn das mal „Idiotenglück“.
Hartes Wort: „Idiot“, nicht so hart gemeint, eher wie situative Unaufmerksamkeit oder so, und doch mehrfach angemessen:
Für die Situation in der Raststätte:
Wenn ich müde bin vom Fahren, muss ich mit Unaufmerksamkeit rechnen und doppelt aufpassen und vor der Weiterfahrt immer checken, ob alles an Bord ist. Tja, hab ich nicht gemacht.
Für die Reisevorbereitung:
Hätte ich Fotos von meinen Dokumenten dabei - ein verschlüsselter Ordner auf einer verschlüsselten cloud gehört zu meiner digitalen Ausrüstung - wär‘s weniger blöd gewesen. Nur, genau an diesem Punkt war ich bei der Reisevorbereitung im April ungenau, die Fotos liegen noch lokal auf meiner häuslichen Festplatte. Da liegen sie gut. Hab gestern natürlich auf meinen beiden Endgeräten aufwändig gesucht, ob ich diese Dateien nicht doch vor der Reise so synchronisiert habe, dass ich unterwegs on- oder offline auf sie zugreifen kann. Alle möglichen Dateien und Notizen habe ich auf diese Weise höchst praktikabel zugriffsbereit gemacht, nur eben diese besonders wichtigen nicht. Bäh.
Und für den kritischen Blick auf Alltagsroutinen:
Was die Aufbewahrung und das Mitführen von Bargeld angeht, stecke ich offensichtlich noch in Gewohnheiten, die passend waren, als Barzahlen noch häufiger notwendig war. Ich habe - ab übermorgen „hatte“ - Ausweise, Kreditkarten und Geldscheine im selben Portemonnaie untergebracht, das Münzgeld war immerhin schon ausgelagert. Das Portemonnaie in die Hand zu nehmen, erwies sich meist als entbehrlich, da ich ja in der Regel mit dem Smartphone zahle. So kam es, dass ich das Portemonnaie, das Sanifairkärtchen steckte eben leider auch darin, kurz neben der Kasse ablegte um den Kaffeebecher in die eine und das Brötchen in die andere Hand zu nehmen. Das Smartphone wurde nach dem Bezahlen wie immer sicher in der Hosentasche zwischengelagert.
Das Lernen hört nie auf, wird möglicherweise immer wichtiger, hier besonders das Anpassen und Nachschärfen von Alltagsroutinen.
Wehe, wenn diese veraltet sind, nicht mehr stimmen, nicht mehr stimmig sind, nicht mehr zum gegenwärtigen Leben passen.
Das gilt auch für Gedanken, für Vorstellungen und Konzepte, und für Emotionen, Gefühle und die durch diese ausgelösten Spontanreaktionen, die nach Kahnemann mit „schnellem Denken“ verbunden sind.
Nun ja, in diesem Fall ist es ja noch mal gut gegangen.
Und, bitte sehr, hier ist auch die Tatsache im Spiel, dass mein Kurzzeitgedächtnis inzwischen erkennbare Lücken aufweisen kann. Aber hallo. Damit rechne ich.
Das alles war gestern, heute sitze ich in diesem schönen Garten unter dem neuen Tarp und freu mich am langsamen Schreiben. Kann sein, es wird dann heute nichts mehr mit der Wanderung hinunter nach Eisenach. Sei‘s drum.
Nun zu den Tagen auf dem Campingplatz „Waldsee“ bei Murrhardt.
Es gibt dieser Gegend einige Gewässer, die „Seen“ genannt werden. Es sind in der Regel kleine Stauseen, Wasserreservoirs in den engen Tälern, die Dämme dazu wohl relativ leicht zu bauen, zwischen steilen Hängen links und rechts.
Überhaupt nicht zu vergleichen mit dem, was in Mecklenburg und Brandenburg „See“ genannt wird.
Die Menschen hier schätzen sie als Erholungsorte und folglich sind sie auch sehr frequentiert, für die Massennutzung eingerichtet und sorgsam gepflegt.
am Abend
Um den kleinen Waldsee herum führt ein gut planierter Gehweg, mit dem auch gehbehinderte Menschen und Rollifahrer gut zurechtkommen. Sogar die Einstiege zum Schwimmen sind mit Geländern ausgestattet und mit kleinen Plattformen, so dass sich ein Mensch, der einen Rollstuhl braucht, leichter aus seinem Rollstuhl ins Wasser begeben kann, sofern er schwimmen kann. Das finde ich beeindruckend, so wie auch die Hilfen für blinde Menschen, die hier auch, so wie die anderen, die gut sehen können, spazierengehen möchten.
Ein inklusiver SeeOrt.
am Abend
… am Morgen, im Hintergrund, schon sonnenbeschienen, der westliche Hang des Murrtals, welches deutlich tiefer liegt als der Waldsee.
Gestern Abend war hier einiges los, es gibt ein paar Plandflaschen einzupacken.
Direkt daneben liegt der Campingplatz, der überwiegend von Dauercampern und Dauercamperinnen genutzt wird. Viele wohnen in und um Stuttgart und kommen zum Wochenende hierher. Menschen im Rentenalter, viele treffen sich hier mit ihren Kindern und Enkelkindern.
Ich war zwei Tage allein hier, dann kam Änne für drei Tage dazu. Sie wollte wie ich diese Gegend erkunden, die ja nun fast vor ihrer Haustür (30 Autominuten) liegt.
Und es waren sehr schöne drei Tage, sie sagte „Wie Urlaub“. Sie hat es wohl auch gebraucht nach den aufwändigen Festaktionen in der Woche zuvor. Und genutzt. Sie hat viel gelesen, ließ sich ein bisschen betüddeln von mir, Tüddeln am Zelt, Tüddeln an der Ein-und-Ausbauküche. Zwei kleine Wanderungen, viel Ruhe auf dem Platz. Am Sonntag lecker essen im gut gesuchten Restaurant „Kulinarium“, ein paar Schritte vom Campingplatz entfernt. So kam es uns vor, als würde sich die Zeit dehnen.
Den Platz hatte ich gewählt, viel Auswahl in der Nähe von Murrhardt gab es sowieso nicht, weil ich Schutz bei Wind und viel Regen suchte. Diesen Zweck erfüllte der Standort.
Ansonsten war durchaus „a little bit depressing“. Am südlich Hang, einem Steilhang gelegen, deshalb ganzjährig immer im Schatten, das feuchte Moos umduftet uns. Bei Regen und Wind biete er den gewünschten Windschutz, der Platz vor dem Auto unter dem Vorzelt, mit grobem Kies belegt, schwimmt rasch auf, zwischen den Kieseln steht das Wasser. Wenn es aufhört zu regnen, versickert das Wasser zwar bald, der Boden bleibt aber dauerhaft feucht, zum Glück, der Kiesel wegen, nicht matschig. Es geht also.
In den Nachbarquartieren meist öde umbaute, mit diesen gestreiften Zeltplanen, Wohnwagen dicht an dicht, einige wie zugemauert hinter hohen grauen Bretterwänden, Hundegebell dahinter. Viele von diesen Wohnstätten wirken sehr in die Jahre gekommen.
So wie auch die Gebäude für die Restauration und für die Duschen, Klos und Wachmaschinen. Und die Tiergehege für Hasen, Kanarienvögel und Sonstiges Federvieh. Alles sorgsam gepflegt. Der Hahn darf lautstark krähen, klingt eher wie brüllen, wann immer er will.
Sie heißen, wie ein großes Schild verkündet, “Hier wohnen …“, Chicken, Mac und Nugget.
Wir haben uns gefragt, ob diese Art von Dauer-Campingplätzen wohl mit ihren Bewohnern aussterben würde.
Diese Frage stellten wir auch an eine jüngere Frau mit Kindern, sie war, wie fast alle hier, sehr kontakt- und gesprächsfreudig. „Ich bin sozusagen hier geboren, meine Eltern sind schon immer am Wochenende hier. Und ich will es auch nicht anders und meine Kinder auch nicht. Es gibt auch noch Jüngere hier als mich, die nächste Generation wird den Platz weiter bewohnen. Sicher.“ Sagte sie.
Sich Gedanken über andere machen ist das eine, macht auch irgendwie Spaß. Diese Menschen dann dazu befragen ist das andere.
Direkt vor unserer „Haustür“, mit uns im selben „Hecken-Quartier“, steht ein ziemlich verratzter Wohnwagen mit einem noch verratzteren Zelt davor. Am Abend kommt ein altes Auto, ein Toyota mit Cuxhavener Kennzeichen (CUX), ein Mann mittleren Alters steigt aus, sagt moin, wenn ich moin sage („Moin geht immer.“) und verschwindet in seinem Wohnwagen.
Stille.
Früh am Morgen höre ich, wie sein Fahrzeug startet, weg isser.
Was das wohl für ein Mensch ist? Wieso haust der hier so erbärmlich? Was macht er hier? Saisonarbeit? …
Eines Abends, nach moin und moin, lade ich ihn zu uns an den Abendbrottisch ein, der mitten auf dem Heckenquartier dort steht, wo noch ein paar Rest-Sonnenstrahlen den Weg durch die Zweige finden. „Ich heiß‘ Vincent, wir fragen uns gerade, was du so machst. Hast du Lust ein bisschen zu schnacken?“. „Klar“, sagt er, gerne, „ich heiß‘ Sascha, Schnacken ist immer gut.“ Er bringt eine 5er-Packung Minzbonbons mit und lässt sich gerne zu einem Glas Wein einladen, der Stuhl für ihn liegt griffbereit im Hänger.
Ich hab schon einen im Tee, sagt er, das müsst ihr bitte entschuldigen.
Ein paar Stunden hocken wir zusammen, unmöglich hier alles nachzuerzählen.
Eine Verblüffung folgt der nächsten. Zwei geschiedene Ehen, nun mit einer Frau aus Nigeria, in seinem Alter (Anfang-Mitte 50) verheiratet (nein, keine viel jüngere), ein Haus in Dorum nahe dem Jadebusen, viele pensionierte Lehrer („wie ihr“) als Nachbarn, nun hier also schon wieder.
Er hat nichts gegen Lehrer, nur, „die wissen immer alles und können nichts“. Er kann viel und hat schon viel gemacht. Anfangen mit dem Marinedienst im Serbienkrieg 1993. Er zeigt uns ein Foto mit einem schmucken Matrosen in Ausgehuniform neben Edmund Stoiber, den Bierkrug hinterm Rücken versteckt. Sein Vater hat ein Autogramm von F.J.Strauss auf seiner Boxen-Chef-Armbinde vom Nürburgring.
Er arbeitet seit einigen Jahren für eine Leiharbeitsfirma, seit 4 Jahren kontinuerlich als Maschinenbauer in einem Betrieb für Maschinen zur Verpackung von Medikamenten. 4000 Stutz netto, zukunftssichere Branche, siehe Corona. Das Geld braucht er jetzt, seine Rente wird mau ausfallen, das weiß er jetzt schon, da wird man ihm Versorgungsausgleich für zwei Ex-Ehefrauen abziehen. Mit dem Campingwagen hier spart er 48,00 täglich, seine Kollegen wohnen in billigen Hotels.
Das hier findet er besser. „Wozu ein neues Vorzelt kaufen, es ist dicht. Und ich muss hier niemandem was beweisen.“ Als gelernter Gas-Wasserinstallateur kann er seine Behausung auch im Winter bewohnbar halten. Und auch den Platzbesitzern bei der Reparatur der Wasserleitungen helfen. Die Duschen hier sind prima in Schuss.
Alle paar Wochen fährt er für 2-3 Tage nach Hause, 700 km hin und zurück. Sein Auto hat 600.000 km auf’m Tacho. Er zeigt sein Beweisfoto. „Ich bin ein ehrlicher Mensch, ich mach euch nix vor. Aber viele glauben mir nicht, was ich alles erlebt habe.“
Wir tauschen Telefonnummern aus. „Wenn du mal beim Griechen in Cuxhaven keinen Tisch kriegst, sag einfach einen schönen Gruß von Mr. Ouzo, dann kriegst du einen. Ohne Scheiß, das schwör ich dir. Und in Mombasa kenn ich auch Leute. Da musst nun mal hin. Ruf mich vorher an.“
Er will bald in eine Wohnung nach Schwäbisch-Hall umziehen, seine Frau auch.
Themen über Themen, Erfahrungen in Kenia, Kindheit im einem Kaff im Leinetal zwischen Einbeck und Gandersheim. Änne kennt den Ort, denn sie ist ganz in Nähe aufgewachsen. „Na so was, du kennst dieses Kaff. Das gibt‘s ja nicht. Bist du ledig?“ …
Das Schnacken hätte die ganze Nacht so weitergehen können, gegen Mitternacht haben Änne und es für beendet erklärt.
Am nächsten Morgen fand ich den Anblick seines Wohnwagen sehr viel weniger deprimierend.
Und ich weiß jetzt: Falls mir mal am Indischen Ozean, am Strand von Mombasa, Zigarettenverkäufer oder Drogendealer zu aufdringlich werden, muss ich laut und streng „Hakuna!“ sagen - ja genau, wie „Hakuna Matata“ im „König der Löwen“, kennt doch jeder. Also: „Hakuna!“ Dann gehen sie.
Wir haben, nach dem Frühstück, …
… über dem Tarp die in der Vormittagssonne verdampfende Regennässe der Nacht …
… einen ausführlichen Besuch des Städtchens Murrhardt dann doch auf später verschoben.
Es war gutes Wanderwetter.
Also mit dem Auto hoch bergauf …
und steil bergab zur lokal berühmten Hirschbachschlucht, die wir auf bequemen Wegen umwanderten. Der Pfad tief unter direkt am Hirschbach entlang war „z.Z. gesperrt, glitschig, morsche Holzbrücken, zu gefährlich“. Auffällig: alle paar hundert Meter ein großes Schild: 112.
Wer möchte, kann am Oberlauf mit Hilfe einer Schleusenklappe das Bachwasser aufstauen und, indem er die Klappe wieder öffnet, dem zuweilen etwas spärlichen Wasserfall ein bisschen aufhelfen.
Am nächsten Tag wanderten wir eine Runde vom Waldsee weg und wieder zurück. Auch auf diesem Weg immer wieder kleinere, tief eingeschnittene Bachläufe in den Waldhängen. Diese sind, wie die unbewaldeten und beackerten Höhenzüge typisch für diese Gegend.
Es geht auf unserer Tour wie kleinräumig zu, gewundene Wege bergauf bergab, lückenhaft beschildert, prima zum Verirren.
GPS hilft sehr, wird hier auch nicht gestört.
Wanderungen, von schönen und tiefen Gesprächen begleitet, Rückblicke, Nach-vorne-Blicke.
Ob wir uns nun als „Partner, Partnerin“ bezeichnen oder als „Sehr guter Freund, sehr gute Freundin mit vielen singulären und guten gemeinsamen Erfahrungen und gewachsenen Familienbindungen“ - ist das wichtig? Ich finde schon, weiß aber noch kein gutes Wort für mich, für sie, für uns. Der mononormative Wortschatz hängt der Ausdifferenzierung von Beziehungsformen, deren Zeugen und Mit-Betreiber wir sind, noch erheblich nach.
Es fühlt sich an wie Vokabeln lernen für eine Sprache, die sich gerade erst entfaltet, entfalten muss.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich, dass Änne und ich, Tage wie diese in meiner „ZeltZeit“ erleben können, in „mittlerer Distanz“. Wenn ich freundlich zu ihr sage „Du Virtuosin der mittleren Distanz“, widerspricht sie mir nicht. Kann sein, dass der weite Rahmen „ZeltZeit“ genau dafür auch einen förderlichen Raum, Freiraum, bietet. Wär schön.
… wieder im Heute. im Garten bei Eisenach.
Gegen Abend mache ich mich doch noch auf den Weg, nicht ganz bis nach Eisenach hinunter , dafür würde ich 2 Stunden für den Hinweg brauchen, sondern nur eine Dreiviertelstunde über die weite Hochebene unter dem weiten Wolkenhimmel mit weitem Blick in alle Richtungen, bis zu einem Punkt (Schafsberg) von dem aus ich Eisenach und darüber die Wartburg sehen kann.
… leider zu viel Gegenlicht, rechts geht#s runter zur Stadt, Mitte links, ein Funkturm davor, iss die Wartburg zu erahnen.
Auch den Nationalpark Hainich. Alles zum Nochmal-wieder-her-Kommen.
Und ich sehe das Boschwerk Eisenach-Hötzelsroda (Fahrzeugelektrik). Bosch ist übrigens auch in Murrhardt präsent (Powertools, Werkzeuge für industrielle Fertigung).
Heute Abend gibt es mecklenburgische Kartoffeln mit Butter (lecker Kerrygold, darf auch mal sein, Gruß nach Irland) und Quark, Tomaten dazu, zum Nachtisch kernlose Biotrauben.
Der Wind hat nachgelassen, die Nacht ist recht mild, 18 Grad,
Dienstag, 26.08.2025
Schorndorf, Cafe de Ville
11 Tage in Schorndorf, Friedensstrasse 17, bei Änne, mit Änne
Montag, 18.08.2025 bis Dienstag, 26.08.2025
Ein süddeutscher Spätsommertag mitten in den hiesigen Ferien, tagsüber schön warm, gerade noch nicht heiß, klarer Himmel, daher nachts schon recht frisch.
Das große Schulgebäude gegenüber, außerhalb der alten Stadtmauer, schläft, hat Ferien, auf dem Spielplatz davor nur wenige Kinder, viele sind nun wohl verreist. Die Altstadt döst ein bisschen vor sich hin. Wer hier unterwegs ist, schlendert, lässt sich Zeit, hat viel Zeit. Ab und zu rauscht hier ein E-Auto vorbei oder ein E-Bike oder ein E-Roller.
Ein Ort der Stimmen.
Die Kirchenglocke meldet alle Viertelstunde die Uhrzeit.
Gestern haben wir (Änne und ich) die Mittelachse des Rems-Murr-Kreises durchfahren, von Süd nach Nord, heraus aus dem Remstal, über die Höhen und wieder hinunter ins Murr-Tal. Von den Hochflächen aus ein schöner Weitblick nach Osten zur Alb und zu den Kaiserbergen bei Göppingen hin.
Murrhardts Altstadt zeugt durch und durch von der Gediegenheit, dem Fleiß und der Frömmigkeit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Das Alte neben dem Neuen: man darf mit dem Auto über den Marktplatz - langsam (wie eine Pferdekutsche) - fahren, sogar kurz dort parken. Es gibt einen Parkplatz in der Innenstadt, dort, wo mal ein weiträumiger Klostergarten war, den man bis heute nicht überbaut hat. Freiflächen, Parkflächen. Luft zum Atmen.
Es war wie ein Erholungstag nach 10 Tagen rund um Ännes 70. Geburtstag.
Sie hat groß gefeiert. Alle ihre 70 Jahre und ihr neues Leben, ihr neues Lebensumfeld seit dem Sprung nach Schorndorf vor einem Jahr.
Am 19.08., Dienstag, kamen enge Freunde und Freundinnen aus der Zeit vor Tübingen (2008) und neue Bekanntschaften und Nachbarn. Es war zugleich auch eine Art nachgeholte Einzugsfeier. In ihrer Wohnung, um den Tisch und auf dem Balkon, ein Dutzend Menschen von nachmittags bis spät in den Abend hinein. Viel Raum für Begegnungen. Es gab aufwändig selbst gekochte Köstlichkeiten, wie man es von Änne kennt. Die Schwester aus Travemünde stand hier und in der ganzen Festwoche hilfreich an ihrer Seite.
Das größere Freundesfest fand am Freitag statt. 35 Personen hatte Änne zum Feiern eingeladen in die modern-eleganten Gasträume des Weinguts Mayerle, mitten in den Weinbergen am nördlichen Hang des Remstals gelegen. Von der großzügigen Terrasse blickt man weit nach Westen bis über Stuttgart hinaus.
Foto: Christobal Curio
Ein schöner, ein luftiger, ein heiterer Ort. Es kamen Freunde aus Berufszeiten, Freunde und Nachbarn aus den Tübinger Jahren, ein Vetter aus Herrenberg.
Für die sehr wenigen, die meinen, dass sie Änne vor mir schützen müssen und deswegen von meiner Anwesenheit gar nicht begeistert waren, stellte sie in ihrer Begrüßung klar, dass sie auch für mich Freundin ist und bleibt. Das war stark und tat gut. Auch sie werden lernen, dass für Änne gilt: „Ich mach mein Ding“ (ihr Motto - nach Udo Lindenberg - für die Feier). Für sie ist das nicht so einfach zu balancieren.
Kontinuität über vier Jahrzehnte wurde hörbar: die Kollegenband aus Göppingen spielte auf. Diese vier Männer sangen und spielten für sie auch an ihrem 50. und an ihrem 60. Geburtstag. Hätte sie damals ihren 40. gefeiert, hätte sie auch aufgespielt.
Foto: Christobal Curio
Am folgenden Tag gab es noch ein Essen beim Italiener am Segelflugplatz Kirchheim. Karl K., Änne betreut ihn seit längerer Zeit uneigennützig und hingebungsvoll, war hier die Hauptperson. Er hat mit Ende 70 und stark voranschreitender Demenz den Übergang vom Wohnen zu Hause in das Wohnen im Seniorenheim hinter sich. Ein bedeutender Schritt.
Mit am Tisch waren eine Frau, ihr Partner und ihr nunmehr erwachsener Sohn (die Tochter ist z.Z. im Urlaub). Für diese Frau und für ihre Kinder waren Änne und Karl mehr als 20 Jahre lang ein verlässliches, überaus großzügiges support- und Patenschaftsteam.
Am Rande des Flugplatzes befindet sich ein Stellplatz für die Wohnwagen der Segelflieger und Segelfliegerinnen, die öfter hierher kommen und auch mal längere Zeit hier sein möchten, wartend auf gute Thermik. Flüge bis zum Schwarzwald und weiter sind von hier aus wohl gut möglich. Würde ich anrufen und fragen, könnte ich mal hier übernachten.
Ob Flieger und Fliegerinnen sich ihren Tod als ihren letzten großen Start und Flug vorstellen?
Zählen diese 11 Tage hier in Schorndorf überhaupt zu meiner „ZeltZeit“?
Ja, ich bin froh, dass ich hier wohnen konnte und dabei sein konnte. Hier und da ein bisschen unterstützen konnte. Wir sehen das beide als geschenkten Erfolg unserer gemeinsamen Bemühungen, ohne harte Brüche eigene Wege gehen zu können.
Was daran auch „ZeltZeit“ war, ist die Tatsache, dass ich ja jederzeit ohne viel Aufwand hätte abreisen, weiterziehen können.
Und ich wählte (freie Wahl) die Liege auf dem Balkon als Schlafplatz.
Bis ich mich wieder an einen geschlossenen Schlafraum zurückgewöhne, könnte es - im Herbst - eine Weile dauern.
Der Deutsche Wetterdienst (meine Lieblings-Wetter-App, beim Segeln zu Wasser und zu Lande) kündigt ab Donnerstag heftigen Regen ungewisser Dauer an.
Kommt jetzt der Zeitpunkt, sich für ein paar Tage in die „Winterwohnung“, den Schutzhafen, zurückzuziehen?
Nein, ich werde im Bus plus Vorzelt wohnen, auf dem Campingplatz „Waldsee“ bei Murrhardt.
Der Platz könnte, so wie ihn angeschaut habe, sehr gut geeignet sein, regenfest ist er.
Ich freue mich auf die Tage dort. Sieht so aus, dass Änne dorthin zu Besuch kommt.
Der Weg dorthin ist von Schorndorf aus kürzer als der nach Mähringen.
Und meine Grobrichtung für den September, für die letzten Wochen der ZeltZeit, ist zunächst mal „Nord“. Murrhardt stimmt.
Sonntag, 17.08.2025
Mähringen
Auf dem Weg von Rottenburg nach Schorndorf habe ich nun doch noch Mähringen angesteuert.
Einen Pullover für vielleicht kommende frischere Tage einpacken.
Am PC diese Website ergänzen. Geht am PC viel leichter als am Tablet.
Sehr schön ist es hier. Und sehr warm - eben doch eher eine Winterwohnung.